da wir in diesem Jahr leider nicht "zum Blut des Herren wallen" können, haben wir überlegt, an den Wallfahrtstagen (Freitag - Mittwoch) um 19 Uhr an der Antoniuskapelle in Küllstedt eine Andacht zu halten.
So wollen wir gemeinsam in allen Anliegen beten...und freuen uns auf euch! Wir bemühen uns, die Hygienevorschriften zu beachten.
Euch allen ein frohes und gesundes Pfingstfest! "und bis wir uns wiedersehen..."
Hermann-Josef Montag
Was bewegt Menschen, einen anstrengenden Weg voller Entbehrungen und körperlicher Strapazen auf sich zu nehmen - in einer Zeit bitterer Armut, körperlich schwerer Arbeit und Not? Wohl jeder kennt den Ausspruch "etwas hassen wir die Pest" - die wütende Pest auf dem Eichsfeld und das unermessliche Gottvertrauen unserer Vorfahren brachte die Menschen 1682 dazu, um Verschonung vor der Seuche mit diesem Bußgang zu bitten. Am 8. Juni 1683 machten sich 132 Männer und Burschen sowie 61 Frauen und Jungfrauen auf den Weg nach Walldürn, diese Wallfahrt dauerte 18 Tage* (Lt. Chronik A. König). Das Gelübde aus dem Jahre 1682 war damit erfüllt, doch auch in den folgenden Jahren wurde die Wallfahrt durchgeführt. Dankbar können wir seit 1990 nun wieder in Freiheit den Weg nach Walldürn - gemeinsam mit den Wallfahrern aus Fulda, Baunatal und Unterfranken gehen, ganz bewusst: aus Dankbarkeit für die erlangte Freiheit nach der friedlichen Grenzöffnung, in Einhaltung des Gelöbnisses unserer Vorfahren mit der Bitte um die Erneuerung des Glaubens im Eichsfelder Land.
Diese Wallfahrt begeht in diesem Jahr ein Jubiläum - zum 325. Mal machen sich Menschen auf den Weg zum Heiligen Blut nach Walldürn. Nachfolgend soll unser Tag von Küllstedt bis nach Fulda kurz vorgestellt werden.
Das Morgengebet und der Reisesegen stehen am Beginn unserer Wallfahrt zum Blut des Herrn nach Walldürn, im Gepäck tragen wir viele Sorgen und Nöte mit - nicht nur die eigenen! Wir verlassen die Antoniuskapelle und vertrauen uns der Fürsprache des Patrons unserer Wallfahrt an "Heiliger Antonius, halte deine schützende Hand über uns und unseren Weg!"
Wir gehen den Stationsweg, den Müllersweg und betrachten betend den "Schmerzhaften Rosenkranz". Beim Kreuz am Ölstieg verehren wir die Heiligen Fünf Wunden in der Haltung des Herrn am Kreuz. Gerne machen wir uns die Inschrift am Kreuz zu Eigen: "Halt an, halt an du lieber Wandersmann, halt ein wenig an, betrachte meinen blut´gen Schweiß, dann geh und ende deine Reis."
Beim Weitergehen haben die Wallfahrer Gelegenheit zum Gespräch miteinander. Da werden die Erlebnisse des vergangenen Jahres ausgetauscht. Oft ist der Satz zu hören: "Schön, dass du wieder dabei bist."
Ab dem ehemaligen Zeltplatz stimmt uns eine Meditation von Phil Bosmans wieder auf das Wallfahren ein. Kurz vor der Luttermühle stoßen Pilger aus dem Nachbarort Effelder zu uns und verstärken unseren Gesang. Für die Gäste des Hotels "Klostermühle" sind wir ein gewohntes Bild, wecken wir doch schon seit Wochen bei den Zurüstwallfahren die Gäste mit unseren Gebeten und Liedern. Die Lautsprecherträger sind bemüht, dass alle Pilger die ausgesuchten Texte und Gebete gut hören können. Das Staunen über die Schönheit der Schöpfung lässt uns dankbar und aus frohem Herzen die Litanei für das Gedeihen der Feldfrüchte beten.
Am Wasserfall angekommen, biegen wir ab in Richtung Großbartloff. Beim Durchqueren des Ortes nehmen wir die Anliegen der Bewohner mit in unser Gebet und gedenken deren, die sich auf dem Weg zur Arbeit befinden oder in Schulbussen unseren Weg kreuzen. Hinter Großbartloff machen wir Rast am Wegekreuz zum Fünf-Wunden-Gebet - diesmal gesungen.
"Beim Passieren der renovieren 14-Nothelfergrotte stimmen wir das Lied an "Vierzehn Heil´ge auserlesen". Gebete und Lieder wechseln sich ab, bis wir am Wegkreuz gegenüber der Entenmühle anhalten. Auf einer kleinen Tafel am Kreuz ist das Lied angebracht "Was soll das Kreuz " und wird hier von uns gesungen. Zu allen Zeiten haben Menschen ihre sichtbaren und unsichtbaren Kreuze getragen. Viele "Kreuze" - formuliert in Gebetsanliegen - werden in den Rucksäcken der Wallfahrer mitgetragen. Da ist das schwerkranke Enkelkind einer Wallfahrerin, da sind die vielen Krebspatienten, die und deren Angehörige Kraft und Zuversicht erbitten, da ist die Sorge um den Glauben der jungen Menschen und um den Arbeitsplatz
Da dieses Wegkreuz am ehemaligen Sperrgebiet lag, gehen die Gedanken zwangsläufig zurück in der Zeit der deutsch-deutschen Grenze
Schon sehen wir den Hülfensberg vor uns. Bis nach Döringsdorf gehen wir zunächst noch betend, dann jeder in seinem eigenen Rhythmus die steile Straße bergauf. Am Eingang von Döringsdorf sammeln wir uns und ziehen mit dem Lied "Sei gegrüßt viel tausend Male" weiter. Bei den letzten Häusern von Döringsdorf beginnen wir mit dem Kreuzweg des Herrn aus dem Wallfahrtsbuch. Wie für diese Anhöre geschrieben, kommen wir nach dem Gebet der 14. Station auf dem Berg "des Gehülfen" an. Das Läuten der Glocken der Wallfahrtskirche begrüßt dort die Pilger. Guardian Pater Heribert begrüßt uns freudig auf dem Weg und erbittet für uns den Reisesegen für den Wallfahrtsweg mit der Zusage, am Dreifaltigkeitssonntag, der zugleich auch Wallfahrtstag auf dem Hülfensberg ist, an uns zu denken und für uns zu beten. Der Pilgersaal und die Bänke im Freien bieten Platz für alle Pilger. Das Frühstück aus dem Rucksack ist eine willkommene Stärkung. Nach einer Rast, die auch der Fahrkartenausgabe und der Organisation der Rückfahrt dient, ist es Zeit, vom Hülfensberg Abschied zu nehmen. Mit einem Lied ziehen wir vom Berg hinab in Richtung Bebendorf. Auf einem Zufahrtsweg und dem teilweise zu erkennenden Plattenweg - dem "Kolonnenweg" der Grenzsoldaten - setzen wir unseren Wallfahrtsweg fort.
Wir verlassen das Eichsfeld mit einem Blick zurück zum Hülfensberg. Zunächst im Schatten der Bäume, später über das freie Feld erreichen wir den Ort Frieda im Hessischen. Dort warten bereits unsere Begleitfahrzeuge und halten Getränke bereit.
Wir ziehen durch Frieda und begeben uns auf einen Radweg parallel zur ehemaligen Bahnstrecke Treffurt-Eschwege. In Schwebda folgen wir einem befestigten Feldweg nach Grebendorf, dem Ort unserer Mittagsrast. Die "guten Seelen" der eigens für uns geöffneten Gaststätte warten schon - bestens gerüstet - auf uns.
Den Weg von Grebendorf nach Jestädt legen wir Wallfahrer mit einem Bus zurück. Zum einen ist der Weg aufgrund der stark befahrenen Straße sehr gefährlich, zum anderen ließe die Abfahrtszeit des Zuges eine kaum zu vermeidende Hektik aufkommen. Am Sammelpunkt bei der Brücke hinter Jestädt setzen wir den Weg in Prozessionsform fort und erreichen gegen 14.30 Uhr den Bahnhof Eschwege-West. Der Zug bringt uns nach Fulda, wo wir von Fuldaer Wallfahrern mit ihrer Fahne bereits erwartet werden und gemeinsam zum Frauenberg hinaufgehen.
Die Wallfahrtsleitung begrüßt uns vor dem Walldürnplastik in der Klostermauer auf das Herzlichste in der Bonifatiusstadt Fulda. Ein harter Wallfahrtstag liegt hinter uns, dankbare Freude ist auf den Gesichtern zu sehen. Mit der Verehrung der Fünf Wunden endet der erste Wallfahrtstag. Von unseren Fuldaer "Herbergsleuten" werden wir schon freudig erwartet.
An Leib und Seele gestärkt beginnt Tags darauf mit einem festlichen Gottesdienst im Dom zu Fulda die gemeinsame Heilig-Blut-Wallfahrt der Fuldaer, Eichsfelder, Baunataler und Unterfranken nach Walldürn.